Angst
Es gibt Dinge, die jeder fürchtet – wie z. B. der Tod oder der Verlust seiner Lieben.
Eine Geschichte berührt den Leser/Zuschauer viel stärker, wenn für die Figur etwas Wertvolles, Unersetzbares auf dem Spiel steht, wie bspw. das eigene Leben oder das einer geliebten Person. Eine Figur mit solch einer Angst zu besetzen, ist also für den Anfang ein gutes Mittel, um ein Identifikationsmoment zu schaffen.
Figuren können auch spezifische Ängste haben. Diese sollte frühzeitig in der Geschichte deutlich werden, sodass der Leser/Zuschauer sie wahrnimmt. Das ist relevant für die Reaktion des Publikums: Der Moment, in dem sich eine Figur ihrer Angst stellen muss, ist nur dramatisch, wenn der Leser/Zuschauer zuvor darauf vorbereitet war.
Dies ist ein Beispiel für die Technik des Storytellings, im Drehbuchschreiben bekannt unter Set-up bzw. Planting and Pay-off – also quasi Platzieren bzw. Säen (wörtl. Pflanzen) und Ernten: Die Oberflächenstruktur einer guten Geschichte ist voller Hinweise, vermeintlich beiläufig gesetzter Informationen, die sich im späteren Verlauf der Erzählung logisch zusammenfügen. Diese Technik wird oft auch Vorausdeutung genannt. Diese Elemente dürfen keinesfalls überdeutlich platziert werden, um nicht plump oder banal zu wirken.
Eine spezifische Angst kann sehr konkret sein: Indiana Jones hasst Schlangen, wie wir am Anfang des Films Jäger des verlorenen Schatzes lernen. Und natürlich muss er sich später in eine Schlangengrube begeben. Winston Smith hat eine panische Angst vor Ratten, erzählt uns Orwell gleich zu Beginn in seinem Werk 1984. Natürlich weiß das die Partei und verwendet dieses Wissen gegen ihn, um ihn zu quälen.
Die Szene, in der Indy sich seiner Angst stellen muss, ist zwar dramatisch, stürzt ihn jedoch nicht in die Krise – während Winstons Angst so groß ist, dass die Konsequenz daraus die Klimax der Geschichte bildet, also den Höhepunkt darstellt.
Die spezifische Angst einer Figur kann auch der Verlust eines persönlichen Werts sein, wie z. B. die eigene Reputation oder die Ehre. Solch eine Angst kann eine sehr starke Handlungs-Motivation sein und dramatische Momente evozieren, wenn der Verlust der eigenen Wertigkeit droht.
Die Angst kann ein Ausdruck des internen Problems sein. Möglicherweise ist sich die Figur ihrer Angst noch nicht einmal bewusst. Dennoch ist es wichtig, dass der Leser/Zuschauer dieser gewahr wird.
So kann bspw. gesagt werden, dass der Protagonist von Tootsie tiefere Beziehungen zu Frauen scheut oder schlicht: Angst vor Frauen hat. Indem er selbst in die Rolle einer Frau schlüpft, überwindet er diese Angst.