Externe Hindernisse

Es gibt es drei Arten von Opposition, mit denen eine Figur in einem fiktionalen Werk – und nicht nur dort – konfrontiert ist:

Figur vs. Figur
Figur vs. Natur
Figur vs. Gesellschaft

Diese Art der Kategorisierung ist jedoch nicht gleichbedeutend mit internen, externen und antagonistischen Hindernissen! Jede der drei oben aufgeführten Oppositionen kann intern, extern oder antagonistisch sein – das hängt von der Struktur der Geschichte ab.

Externe Hindernisse entstehen aus der Erzählwelt, nicht aus dem Inneren der Figuren. Interne Hindernisse hingegen erwachsen aus dem Charakter selbst. Antagonistische Hindernisse bilden polare Punkte, d. h. sie stehen in Opposition zu dem Protagonisten und spiegeln (bestenfalls) Aspekte seiner Persönlichkeit.

8_extern_hindernisseExterne Hindernisse ergeben sich aus der Welt bzw. dem Umfeld der Figur.

In jeder Geschichte wird die Besetzung der Figuren wahrscheinlich sehr divers sein, um die Unterschiede und Interessenkonflikte zwischen den Individuen hervorzuheben. In einigen Fällen können bestimmte Rollen erwartungsgemäß besetzt werden oder sind notwendige Bestandeile der Umgebung, d. h. der Erzählwelt.
In der Geschichte eines Gefangenen ist es logisch, dass es Gefängniswärter oder Wächter gibt, deren Interesse darin liegt, den Gefangenen im Kerker zu halten, was naturgemäß im Widerspruch bzw. im Konflikt mit dem Wunsch des Gefangenen nach Freiheit steht. In einer Dschungelgeschichte kann man erwarten, dass wilde Tiere, spezifische geographische Gegebenheiten oder andere natürliche Hürden bzw. Kräfte die Figur auf dem Weg zu ihrem Ziel bedrohen bzw. behindern. In beiden Fällen sind diese Hindernisse extern.

Strukturell gesehen sind externe Hindernisse weniger wichtig. In Geschichten, die sich stark auf solche oppositionellen Faktoren stützen, werden diese Hindernisse innerhalb der Erzählwelt stark aufgeladen. In Der Herr der Ringe müssen die Figuren etliche topografische Hindernisse wie Berge und Sümpfe überwinden – doch das ist nicht alles: Jedes dieser Elemente hat eine Vorgeschichte, ist historisch und auf einer Bedeutungsebene innerhalb der Story World verankert. J.R.R. Tolkien gibt vorweg viele Hinweise und Informationen über die spezifischen Merkmale der jeweiligen Landschaft, lange bevor die Figuren sie erreichen, und baut sie als oppositionelle Kräfte auf, sodass sie beinahe in sich selbst antagonistisch werden.

Antagonismus

Wenn sich die oppositionelle Kraft konzentriert und absichtlich gegen den Plan und das Ziel des/der Protagonisten richtet, dann manifestiert sie sich als Antagonismus. Gefängnisdirektor Samuel Norton in Die Verurteilten erscheint nicht zufällig oder als externes Hindernis, sondern ist der Hauptantagonist. In dem Film Beim Sterben ist jeder der Erste ist der Fluss, auf dem sich die Hauptfiguren auf ihre Kanutour begeben, nicht einfach ein Teil der Erzählwelt, sondern steht quasi für den Antagonismus selbst. Ähnlich verhält es sich in The Revenant – Der Rückkehrer: Hier erscheint die Natur als antagonistische Kraft, da sie dem Willen des Protagonisten entgegenwirkt (zunächst geht es rein um das Überleben). In Kafkas Der Process oder Das Schloss stellt die ganze Gesellschaft bzw. das System für die Protagonisten einen einzigen Antagonismus dar.

Figuren, die sich mit Hindernissen und Widerständen beschäftigen, sind die Hauptbestandteile jeder Geschichte.

In einer Erzählung muss jedes Hindernis – sei es extern, intern oder antagonistisch – größer sein als das vorige. Idealerweise lernt die Figur dadurch und ist gerüstet für die letzte große Konfrontation gegen Ende der Geschichte, die bestenfalls alle Arten von Opposition vereint. Es ist unwahrscheinlich, dass dieses große finale Hindernis, das die sogenannte Krise einleitet, ein äußeres sein wird, eher ein antagonistisches bzw. ein solches, das Elemente äußerer und innerer Widerstände beinhaltet.

Letztlich sind die Grenzen zwischen den verschiedenen Arten von Hindernissen fließend – in der Tat ist es nicht so wichtig, sie zu kategorisieren. Wesentlich ist, dass diese Hindernisse dem Plan des Protagonisten entgegenwirken. Durch die Überwindung – oder auch durch das Scheitern – muss die Figur auf ihrem Entwicklungsweg einen Schritt weiterkommen.

Eine potenzielle Falle beim externen Problem ist der überstrapazierte Pathos, also das, was manchmal als pathetischer Irrtum bezeichnet wird. Manchmal werden in Geschichten äußere Kräfte eingesetzt, um besonders dramatische Momente oder Konflikte hervorzuheben. Das klassische Beispiel ist ein Gewitter, das im Moment der größten emotionalen Krise niedergeht. Diese Art der Konvergenz birgt die Gefahr in sich, zu pathetisch zu erscheinen und somit ein Klischee zu bedienen und zu verflachen.

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