Dramaturgie – Das Handwerk der Erzählkomposition
Dramaturgie ist „das Handwerk oder die Techniken der dramatischen Komposition“.
Mit anderen Worten, alles, was mit der Geschichte zu tun hat – außer den Worten, mit denen sie erzählt wird. Wenn Ihre Geschichte von zwei Personen in einem Raum handelt, bestimmt die Dramaturgie, wer diese Personen sind und was in dem Raum geschieht. Im Hinblick auf den Erzählprozess bezieht sich der Begriff Dramaturgie eher auf die Planungs- oder Entwurfsphase als auf die Ausführung oder das Schreiben.
Die Dramaturgie hat eine Terminologie hervorgebracht, die von Dramaturgen, Drehbuchautoren und -Beratern, Redakteuren und Verlegern, Produzenten und Filmemachern sowie Autoren verwendet wird. Einige Begriffe scheinen vertrauter zu sein als andere, und oft sind ihre Definitionen nicht ganz eindeutig.
Eine Liste dramaturgischer Begriffe stellt keine Checkliste der in einer Geschichte erforderlichen Szenentypen dar. Es könnte allerdings hilfreich sein, wenn Sie Ihre Szenen mit einigen dieser Begriffe kennzeichnen:
Kickoff – Die Eröffnungsszene, der Auftakt der Erzählung.
Auslöser – Das Ereignis, das eine Kettenreaktion auslöst, die den Handlungsstrang einer bestimmten Figur oder die Handlung der gesamten Geschichte ausmacht.
Rat/Gegenstand – Klassischerweise der Moment, in dem der Held einen hilfreichen Gegenstand oder eine Weisheit erhält, die für die Erfüllung der Aufgabe notwendig wird.
Emotionaler Anker – Der Moment in der Erzählung, nach dem das Publikum emotional an die Geschichte gebunden ist. Je früher diese Szene in der Narration platziert ist desto besser!
Wendepunkt – Im engeren Sinne, die Plot-Punkte in der Erzählung, die den Übergang von einem Akt zum nächsten markieren.
Kneifpunkt – (Englisch: Pinch Point) Im engeren Sinne und bei einer Geschichte in drei Akten ein kleiner Wendepunkt in der Handlung, der normalerweise in der Mitte zwischen dem Beginn des zweiten Aktes und dem Mittelpunkt und dem Mittelpunkt und dem Ende des zweiten Aktes liegt.
Komplikation – Ein Hindernis für die ProtagonistIn, das es zu überwinden gilt.
Mittelpunkt – Der Dreh- und Angelpunkt in der Mitte der Erzählung, der die Geschichte in zwei symmetrische Hälften teilt.
Lagerfeuerszene – Eine Art von Szene, die gewöhnlich in der zweiten Hälfte der Erzählung platziert wird und einen Moment der Ruhe vor dem herannahenden Sturm des Höhepunktes markiert. Der Begriff bezieht sich auf ironischerweise auf einen abgedroschenen Szenenstil in vielen US-Western.
Enthüllung – Der Moment, in dem dem Publikum einige relevante Informationen aus der Vorgeschichte enthüllt werden, die die Wahrnehmung der Geschichte verändern.
Annäherung an die Krise – Der Vorlauf zur Auflösung der Krisensituation.
Krise – Ein entscheidender Moment der Wahl oder Konfrontation für die ProtagonistIn. Obwohl dies sehr nahe am Höhepunkt geschehen kann, ist es nicht der Höhepunkt selbst, denn hier wird die Wahl getroffen, während auf dem Höhepunkt das Ergebnis dieser Wahl gezeigt wird.
Offenbarung – Der Moment, in dem das Publikum, und oft auch eine Figur, einen grundlegenden inhaltlichen Zusammenhang des Themas der Geschichte versteht, also ein Bewusst-werden stattfindet.
Höhepunkt – Die abschließende Konfrontation zwischen der ProtagonistIn und den antagonistischen Kräften in der Geschichte.
Rückkehr nach Hause – Klassischerweise muss der Held nach der letzten Konfrontation noch nach Hause reisen, in die „gewöhnliche Welt“, die zu Beginn der Erzählung gezeigt wird.
Ankunft – die Reaktion zu Hause, denn klassischerweise kehrt der Held nach dem Abenteuer als ein veränderter Mensch nach Hause zurück, der vielleicht (oder vielleicht auch nicht) wieder in die Gemeinschaft aufgenommen wird.
Erzählrahmen – Wenn die Geschichte eine Erzählerfigur vorstellt, die den Großteil der Geschichte einer anderen Figur oder dem Publikum erzählt, spricht man von einer Rahmenhandlung. In der Regel wird bei dieser Technik die Geschichte mit einer Szene begonnen, in der die Situation des Erzählens des größeren Teils der Geschichte festgelegt wird, und die Geschichte endet mit einer Schlussszene wieder in diesem Erzählrahmen.
Collage – ähnlich wie bei einer Montage handelt es sich um eine Reihe von Szenenvignetten, die zusammengefügt werden, um auf ökonomische Weise einige Informationen zur Geschichte zu vermitteln, oft um das Verstreichen der Zeit anzuzeigen.
Traum – In einer Traumsequenz wird das Publikum in die Träume oder Wünsche einer Figur eingeweiht. Oft wird ein Traum von Geschichtenerzählern benutzt, um dem Publikum indirekte Hinweise oder Andeutungen über die betreffende Figur zu geben.
Exposition – Informationen zur Geschichte, die dem Publikum z.B. durch Dialoge vermittelt werden. Im Idealfall sollte keine Szene als Exposition erkannt werden, denn dann ist sie dramatisch gescheitert.
Liebesszene – Die Darstellung der Vereinigung zweier (oder möglicherweise mehrerer) Figuren, die dramaturgisch gesprochen nur dann eine Daseinsberechtigung hat, wenn sich ihre Beziehung dadurch ändert.
Auflösung – Das Endergebnis der Geschichte – das Spiegelbild der zu Beginn der Erzählung festgelegten gewöhnlichen Welt, das nun die Veränderungen dieser Welt und/oder der Hauptfiguren einbezieht. Diese Resolution ist praktisch die Synthese der These von Akt 1 verschmolzen mit der Antithese von Akt 2.
Falsche Fährte – Eine Information, die in die Geschichte eingefügt wird, um das Publikum absichtlich in die Irre zu führen, so dass es etwas über die Handlung oder eine Figur glaubt, was sich später als unwahr erweisen wird. Ein Mittel, das insbesondere in Krimis und Kriminalgeschichten verwendet wird.
Erwegung – In einer Erzählung befinden sich Figuren in bestimmten Lagen, die sie zu Handlungen zwingen, was dazu führt, dass sie sich in die nächste Zwangslage begeben. Es gibt also ein ständiges Auf und Ab von Handlungen und Überlegungen, wie mit den Folgen der vorherigen Handlung umzugehen ist.
Vorzeichen – Foreshadowing ist eine der wirkungsvollsten Methoden, um beim Publikum eine emotionale Wirkung zu erzeugen. Jede Information, die AutorInnen strategisch so platzieren, dass die Bedeutung dieser Information zunächst nicht erkannt wird (und die später in der Erzählung enthüllt wird), ist ein “Set-up”, ein Vorzeichen.
Auszahlung – Wenn ein Vorzeichen, d.h. ein Akt des Foreshadowing, zu einem bestimmten Zeitpunkt der Handlung in den Köpfen des Publikums gezielt wieder aufgerufen wird, ist sie „ausbezahlt“. Um formell perfekt zu sein, findet eine Auszahlung, ein “Pay-off”, in der zweiten Hälfte der Erzählung in einer Position statt, die dem Aufbau in der ersten Hälfte entspricht.
Vorgeschichte – Eine Szene, die erzählt oder schildert, was in einer Zeit vor Beginn der Haupthandlung der Geschichte geschah. Die Vorgeschichte (Englisch: Backstory) ist die Vergangenheit, auf die die Figuren zurückblicken. Einige Informationen zur Vorgeschichte sind fast immer für die eigentliche Geschichte relevant, und es ist immer eine Herausforderung für AutorInnen, dem Publikum solche Informationen elegant zu vermitteln.
Thema – Einige AutorInnen artikulieren das von ihnen festgelegte Thema gerne, indem sie es einem ihrer Figuren in den Mund legen. Es könnte sich also um eine Szene handeln, die die Funktion hat, explizit auszudrücken, was die AutorIn als das Hauptthema der Geschichte empfindet.
Diese Liste dramaturgischer Begriffe ist keineswegs erschöpfend, weshalb Sie im Beemgee-Werkzeug Ihre eigenen Begriffe zu der Liste hinzufügen und sie Ihren Handlungsereignissen zuordnen können.
Foto von Cristiano Remo auf Flickr
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