Autorin Eva Ritschl wurde 1988 in Siegen geboren und wuchs am Rande des Ruhrgebiets auf. Das Studium der alten Geschichte und Germanistik führte sie in den Süden des Landes und vertiefte ihre Passion für die antike Welt Europas und des vorderen Orients. Heute lebt sie in einem kleinen Ort in Franken und leitet die ortsansässige Bücherei.
Vor einigen Wochen geschah das, wovon wohl jeder Hobbyautor träumt – mir wurde ein Verlagsvertrag für mein erstes abgeschlossenes Manuskript angeboten.
Ich war, gelinde gesagt, aus dem Häuschen. Kann man sich vorstellen. Jedoch lies der erste Dämpfer nicht lange auf sich warten. Der Lektor blies die Wangen auf. »610 Seiten – das ist ein Brett. Kürzen Sie mal. Bis so auf 450 Seiten. Plusminus zehn. Besser Minus.«
Und alles was ich darauf erwiderte, war: »Ja, klar. Kein Problem.«
In Wahrheit sah ich meine Gesichte vor meinem geistigen Auge auseinanderbröseln. 160 Seiten – weg?! Unmöglich!
Wie viele hunderte Stunden hatte ich damit verbracht, jede Szene aufeinander aufbauen zu lassen, alles bis ins kleinste Detail miteinander zu verschachteln? Wie, um alles in der Welt, sollte ich jetzt diesen Wal in einen Pool quetschen?!
Ich bereute meine großspurigen Versprechungen schon bald zutiefst, fragte meine Testleser, auf welche Szenen sie am ehesten verzichten könnten. Die Antwort war so einhellig wie niederschmetternd – gar keine.
Gar keine. Und was nun?
Ich begann zu recherchieren. Wie kürzt man ein Manuskript? Im Netz gibt es viele Tipps und Ratgeber. Schließlich blieb ich an Snyders »Save the Cat« hängen. Die Lektüre half – ein wenig. Doch auch hier die Warnung von Leuten, die mehr von Dramaturgie verstehen als ich: Snyders Vorgehensweise nicht für gesetzt ansehen. Er beschreibt Drehbücher – und keine Romane.
Und schließlich wurde mir klar, am Plot konnte ich nichts ändern – und das wollte ich auch nicht. Es erschien mir falsch, meine ganze Geschichte zu verbiegen, um sie in ein vom Verlag vorgegebenes Korsett zu zwängen. (mehr …)
Wie aufmerksam eine Figur ihre Umgebung wahrnimmt, kann dramaturgische Bedeutung haben.
Eine Figur, die gut darin ist, kleine Details zu bemerken, könnte einen guten Spion oder Detektiv abgeben; wenn Sie also einen Detektiv oder Spion entwickeln, sollten Sie überlegen, Ihrer Figur diese Fähigkeit zu geben. Aber ganz gleich, welchen Beruf Ihre Figur ausübt, halten Sie mindestens einmal pro Szene inne und fragen Sie sich: Was ist ein Detail, das nur dieser Figur auffallen würde? Ihre Wahrnehmungen können Figuren interessanter und lebendiger erscheinen lassen.
Wenn ein gewisses Handlungsereignis davon abhängt, dass eine Figur ein bestimmtes kleines Detail wahrnimmt, kann es sinnvoll sein, lange vor der Szene eine Vorahnung zu platzieren, um die Wirkung der Wahrnehmung zu verstärken.
Außerdem kann die Wahrnehmung einer Figur beeinflussen, wie Ihr Publikum die gesamte Geschichte begreift und sie genießt. Wie genau, hängt von zwei wichtigen Faktoren ab:
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Weiß Deine Figur etwas, was andere nicht wissen – einschließlich des Publikums?
Manche Figuren haben Geheimnisse. Dabei geht es nicht unbedingt um ihr inneres Problem oder die Not, die sich daraus ergibt (sie mögen sich eines solchen Problems bewusst sein oder nicht), sondern um Information, die die Geschichte in eine neue Richtung wendet, sobald sie preisgegeben wird.
Wenn eine Figur ein Geheimnis hat, das nie enthüllt wird, ist das Geheimnis für die Geschichte (oder vielmehr für die Dramaturgie der Geschichte) irrelevant. Nur wenn das Geheimnis dem Publikum an einem bestimmten Punkt der Erzählung bekannt wird, ist es wirklich ein Bestandteil der Handlung.
Die Geheimnisse von Figuren sind eng mit dem Szenentyp ‚Enthüllung‘ verknüpft, der allerdings nicht unbedingt einer Offenbarung (für Figur oder Publikum) gleichgesetzt sein muss.
Für Autoren sind die wichtigsten zu kontrollierenden Aspekte von Figurengeheimnissen folgende:
- Welches Handlungsereignis führt zu dem Geheimnis? Das kann ein Ereignis aus der Vorgeschichte sein.
- Wie verändert oder bestimmt das Geheimnis die Entscheidungen oder das Verhalten der Figur?
- Teilt die Figur das Geheimnis zu irgendeinem Zeitpunkt mit einer anderen Figur, und wenn ja, wann (in welcher Szene)?
- An welchem Punkt der Erzählung (in welcher Szene) erfährt das Publikum von diesem Geheimnis?
Wer bist du wirklich?
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Die Halbzeit ist strukturell der wichtigste Punkt in einer Erzählung.
Da Geschichten zur Symmetrie neigen, sollte der Mittelpunkt einer Erzählung den Zenit des Erzählbogens und damit den Dreh- und Angelpunkt der Geschichte markieren.
Um zum (Mittel-)Punkt zu kommen: Was passiert in der Mitte einer Geschichte?
Hier sind einige typische Ereignisse in der Mitte:
- Etwas Gesuchtes wird gefunden (Star Wars IV, Indiana Jones – Jäger des verlorenen Schatzes, Lolita)
- Eine verborgene Wahrheit wird enthüllt (zumindest für das Publikum) – wenn auch noch nicht verstanden (Matrix, Stolz und Vorurteil, Der Grüffelo)
- Ein dramatisches Ereignis durchkreuzt alle bisherigen Pläne (James Cameron’s Titanic)
Im Mittelpunkt der Erzählung kann die Entdeckung von etwas Fehlendem stehen – in Krimis kann hier ein entscheidendes Puzzleteil enthüllt werden (entweder für das Publikum oder für das Publikum und den Protagonisten).
In jedem Genre oder jeder dramatischen Gattung kann der Mittelpunkt ein Moment der Wahrheit sein. Dabei kann es sich um einen Hinweis für das Publikum oder um eine erste Enthüllung der wahren Sachlage handeln. (mehr …)
Nichts sollte für AutorInnen wichtiger sein als die Gefühle, die ihre Geschichten beim Publikum hervorrufen.
Achten Sie also sorgfältig auf die emotionale Reise der lesenden oder zuschauenden Personen, während sie sich durch Ihre Erzählung bewegen.
Das Publikum erlebt eine Abfolge von Emotionen, während es in eine Erzählung vertieft wird. Die Erzählstruktur ist also ein wichtiger Aspekt des Geschichtenerzählens. Die Geschichte sollte das Publikum während jeder Szene emotional berühren. Nicht nur das – jede neue Szene sollte ein neues Gefühl hervorrufen, um frisch und überraschend zu bleiben.
Die Aufgabe der Autorin oder des Autors ist es, beim Publikum so schnell wie möglich Einfühlungsvermögen für die Figuren zu wecken, so dass eine emotionale Reaktion auf die Situationen, in denen sich die Figuren befinden, stattfinden kann. Nur dies kann zu körperlichen Reaktionen wie beschleunigtem Herzschlag beim Publikum führen, wenn die Geschichte spannend wird. Mit anderen Worten, was den Figuren passiert, darf dem Publikum nicht egal sein.
Dieses „Einfangen“ des Publikums, das den Leser oder Zuschauer in Verzückung und Faszination versetzt, erfordert von den Autorinnen und Autoren, Ereignisse zu gestalten, die zeigen, wer die Figuren sind und wie sie auf die Probleme reagieren, denen sie sich stellen müssen. Es ist wahrscheinlicher, dass das Publikum mit den Figuren im Verlauf der Handlung mitfühlt, wenn die Reaktionen der Figuren auf die Ereignisse, die ihnen widerfahren, etwas darüber verraten, wer sie wirklich sind – und wie sie uns ähnlich sein könnten.
Eine Reise, um sie alle in den Bann zu ziehen
Hier präsentieren wir ein loses Gefüge, das unserer Meinung nach wahrscheinlich für jede Art von Geschichte passt, unabhängig von Genre oder Medium, wie „literarisch“ oder „kommerziell“ auch immer. Es ist keine feste Abfolge, sondern eher eine grobe Checkliste der Etappen auf der emotionalen Reise, die das Publikum stillschweigend erwartet, wenn es sich auf eine Geschichte einlässt. Die Emotionen sind mehr oder weniger in der Reihenfolge angeordnet, in der sie durch eine Erzählung hervorgerufen werden könnten. (mehr …)
Gibt es ein Rezept für erfolgreiche Geschichten?
Auf der Suche nach einem Erfolgsrezept schrieb der Hollywood Development Executive Christopher Vogler einen siebenseitigen praktischen Leitfaden für Disney zu Joseph Campbells komparativen Analyse der weltweiten Mythen.
George Lucas hatte bereits bei der Entwicklung von Star Wars seine Wertschätzung für Campbell zum Ausdruck gebracht, und die Idee, dass es eine Urform als Mustervorlage gäbe, für Geschichten, die so erfolgreich sind, dass sie über Jahrhunderte und kulturübergreifend Bestand haben, setzte sich in Hollywood schnell durch. (mehr …)
Es gibt zwei Definitionen von „Story Beats“. Beide beziehen sich auf eine Veränderung.
Die eine Verwendung des Begriffs Beat bezieht sich auf die subtile Veränderung der Dynamik einer Beziehung, die eine Dialogzeile in einer Szene bewirkt. In der Regel gibt es innerhalb einer Szene mehrere Beats, von denen jeder eine Wegmarke ist, um die Szene dramatisch voranzubringen.
Die andere Bedeutung des Wortes Beat im Geschichtenerzählen bezieht sich auf Veränderungen in der Handlung, die durch Szenen entstehen. Eine Handlung ist eine Abfolge von kausal miteinander verbundenen Ereignissen, eine narrative Kette von Ursache und Wirkung. Ein Ereignis bewirkt eine Veränderung und bestimmt, was in den nachfolgenden Szenen geschieht. Einige Autoren arrangieren diese Ereignisse während der Planungsphase auf einer Tafel oder einem „Beat Sheet“. (mehr …)
Aus den Aktionen und Interaktionen der Figuren entsteht die Handlung.
Im Großen und Ganzen benötigen Sie mindestens zwei Figuren, um eine Handlung zu entwickeln. Vor allem wenn Sie dem Ensemble noch mehr Figuren hinzufügen, haben Sie die Möglichkeit, mehr als einen Handlungsstrang zu komponieren.
Die meisten Geschichten bestehen aus mehr als einem Handlungsstrang. Jeder dieser Handlungsabläufe ist eine in sich geschlossene Handlung, ein „Sub-“ oder Nebenplot.
In diesem Artikel:
- Der zentrale Plot
- Die Liebesgeschichte
- Der B-Plot
- Die Macht der Vier
- Storylines und Plotstruktur
Der zentrale Plot
Oftmals gibt es einen zentralen Plot und mindestens einen Nebenplot. Die zentrale Handlung ist in der Regel die, die sich über die gesamte Erzählung erstreckt, vom Auftreten des externen Problems (dem Auslöser der Geschichte der Hauptfigur) bis zu seiner Lösung. Dies ist die Handlung, die im Vordergrund der Geschichte steht, auf ihrer offensichtlichsten, sichtbarsten und damit äußeren Ebene. So verfolgt beispielsweise die zentrale Handlung einer Kriminalgeschichte die Ereignisse, die mit der Lösung des Falles durch den Detektiv zu tun haben. In einer Abenteuergeschichte über die Suche nach einem Schatz ist die Ereigniskette von der ersten Erwähnung des Schatzes bis zur Platzierung an seinem Bestimmungsort die zentrale Handlung. Die zentrale Handlung ist oft die, die in einer Beschreibung der Geschichte zum Ausdruck kommt.
Die Liebesgeschichte (mehr …)
Seit Januar 2017 schreibt Beemgee auf der Autorenplattform Autorenwelt.de unter der Kolumne Storytelling einmal monatlich über Stoffentwicklung & Dramaturgie. (mehr …)
Ein Motiv ist ein wiederholt auftretendes Element innerhalb eines Ganzen – im Storytelling wie in der Musik oder anderen Künsten.
Beispiele solch wiederkehrender Elemente sind ein Bild oder eine Form auf einem Bildteppich oder eine bestimmte Sequenz von Tönen in einer Symphonie. Die Platzierung dieser Elemente erzeugt ein Muster, dem ein Designprinzip zugrunde liegt. Es ist Teil des Handwerks eines Künstlers, dieses Muster zu bestimmen.
Wie man Motive in Geschichten einsetzt
Motive machen keine Handlung aus. Aber da sie Muster entstehen lassen, sind sie Teil der Struktur einer Geschichte – und sie fügen dieser eine Bedeutungsebene hinzu.
In Geschichten können Motive(mehr …)
In diesem Blog geht es um Storytelling. Wir wollen einen Einblick in die Stoffentwicklung geben und ein Verständnis für Zusammenhänge der Komponenten in einer Geschichte vermitteln. Wir wollen das Bewusstsein schärfen dafür, wie Autoren Geschichten komponieren. (mehr …)